Kinder und Jugendliche

Ein Beitrag von Schüler:innen der MSS11

Auch in unserer nahen Umgebung versuchte der Nationalsozialismus, die Jugend zu erreichen. Es gab hier in Nackenheim/Bodenheim sowohl Gruppen der Hitlerjugend (HJ), als auch Gruppen des Bundes Deutscher Mädel (BDM). Nachkommen einer Zeitzeugin haben uns ein altes Fotoalbum mit originalen Aufnahmen und Erinnerungen einer Jugendlichen aus dieser Zeit zur Verfügung gestellt.

Zudem erhielten wir Tagebucheinträge und Zeitschriften, die Erfahrungen und Berichte über Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus preisgeben. 

Schon im Kindesalter wurde den Menschen die NS-Ideologie bewusst eingetrichtert. Dies geschah beispielsweise durch Märchen und Lieder, die Antisemitismus verbreiteten.

Die Gemeinden in Nackenheim und Bodenheim waren mehrheitlich katholisch, jedoch wurde der Glaube versucht zu verdrängen, indem man verpflichtende NS-Stammschulungen zur gleichen Zeit wie kirchliche Gottesdienste abhielt. Folgende Quelle zeigt so beispielsweise eine Bittschrift einer Mutter aus Nackenheim, die ihren Sohn für eine verpflichtende Stammschulung zu entschuldigen versucht, damit er am wöchentlichen Gottesdienst teilnehmen kann.

Brief eines Elternteils aus Nackenheim
(Quelle: LA Sp. Best. U199, 27).

Auch Feuerwehrdienste mussten abgesagt werden, um an HJ-Heimabenden in Mainz teilzunehmen, wie es folgende Quelle belegt.

Quelle: LA Sp. Best. U199, 1

Durch Eingriffe solcher Art schränkte man das alltägliche Leben der Menschen schon im Jugendalter, enorm ein und wollte sie ausschließlich auf staatlich gelenkte Veranstaltungen und Organisationen zu fokussieren.

Jugendliche wurden durch Spiele, Feste oder Belohnungen besonders gefördert und zugleich ideologisch indoktriniert. Nach Anfrage des Bürgermeisters beschenkte man die besten Schüler*innen etwa mit Exemplaren von  „Mein Kampf“ , obwohl diese ursprünglich als Hochzeitsgeschenk an Ehepaare der Gemeinde gestiftet worden waren.

Antwortschreiben des Nackenheimer Bürgermeisters aus dem Jahr 1936 auf eine Anfrage des Kreiskulturwartes nach dem Bedarf an Exemplaren von „Mein Kampf“ zur Beigabe für Eheschliessungen
(Quelle: LA Sp. Best. U199, 27).

Nach vehementen Forderungen, eine Unterkunft für die Hitler-Jugend in Nackenheim und Umgebung zu finden, wurde schließlich nach langer Zeit ein Haus in der Fischergasse Nackenheim gefunden. Die Menschen, die dort wohnten, mussten ihre Behausung für die HJ, die damals Priorität hatte, frei räumen. 

Zusammenfassend kann man sagen, dass insbesondere die Jugendlichen, die als leicht beeinflussbar galten, ein direktes Ziel der NS-Propaganda waren und durch bewusste staatliche Eingriffe die nationalsozialistische Ideologie verinnerlichen sollten.

Toncollage zu unserem Thema

Quellen:

  • Private Erinnerungen einer Jugendlichen aus Bodenheim
  • LA Sp. Best U199, 27